OGH: „DUFF BEER“ – Auch nicht-österreichische ältere nationale Marke vernichtet die Gemeinschaftsmarke

OGH 27.1.2016, 4 Ob 183/15p

In der TV-Serie „Die Simpsons“ wird bekanntlich Bier der Marke „Duff“ getrunken. Die Produzentin dieser TV-Serie hat vor österreichischen Gerichten eine deutsche Handelsgesellschaft u.a. auf Unterlassung geklagt, die eine österreichische Brauerei mit der Abfüllung von Bier in Dosen mit der Aufschrift „Duff“ und mit der anschließenden Lieferung nach Deutschland beauftragt hatte.

Die Klägerin ist Inhaberin der Gemeinschaftsmarke „Duff“, die am 9. Juni 2009 angemeldet und am 26. März 2014 registriert wurde. Die Beklagte ist Inhaberin der deutschen Marke „Duff Beer“, die am 12. Jänner 1999 angemeldet und am 8. Juni 1999 registriert wurde.

 

Begehren und Entscheidungen der Unterinstanzen

Die Klägerin hat beantragt, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr in Österreich unter Verwendung des Zeichens „Duff“ oder „Duff BEER“ oder eines anderen zur Klagsmarke verwechslungsfähigen Zeichens Bier herzustellen und/oder herstellen zu lassen und/oder zu bewerben und/oder bewerben zu lassen und/oder anderwertig zur Kennzeichnung von Bier zu benützen und/oder benützen zu lassen, was insbesondere für das Vertreiben, Verkaufen und/oder Anbieten zum Verkauf bzw Vertrieb eines solchen Bieres bzw solcher Biere gilt.

Die Beklagte hat insbesondere die Priorität der älteren deutsche Marke eingewendet.

Das Handelsgericht Wien hat die beantragte einstweilige Verfügung erlassen. das Oberlandesgericht Wien als Rekursgericht hat sie großteils bestätigt. Der deutschen Marke komme zwar Priorität zu, allerdings entfalte diese in Österreich keine Wirkung, weshalb sie für die begangene Verletzungshandlung gegen die Gemeinschaftsmarke der Klägerin keine Bedeutung habe.

 

Die Entscheidung des OGH

Der OGH hat die beantragte einstweilige Verfügung zur Gänze abgewiesen, die Entscheidungen der ersten und zweiten Instanz also gedreht.

Die Beklagte habe, da sie sich auf die Priorität der deutschen Marke berufen habe, sinngemäß den Einwand erhoben, dass die Gemeinschaftsmarke der Klägerin wegen des älteren Markenrechts der Beklagten (in Deutschland) für nichtig erklärt werden könnte (Art 99 Abs 3 Gemeinschaftsmarkenverordnung – GMV).

Das Rekursgericht hat angenommen, nur bessere Rechte mit Wirkung für das Inland (Österreich) böten eine taugliche Grundlage für diesen Einwand. Diese Rechtsansicht des Rekursgerichts hat der OGH nicht geteilt: Er schließt vielmehr aus der Einheitlichkeit der Gemeinschaftsmarke, dass jedes Gemeinschaftsmarkengericht aufgrund eines entsprechenden Nichtigkeitseinwandes auch die Wirkungen älterer Rechte anderer Mitgliedstaaten auf die Gemeinschaftsmarke prüfen muss. Dem liegt zugrunde, dass einer Gemeinschaftsmarke als einem in allen Mitgliedstaaten geltenden Recht als relatives Eintragungshindernis alle älteren nationalen Marken entgegengehalten werden können.

Da schon eine ältere nationale Marke ein relatives Eintragungshindernis für die Gemeinschaftsmarke begründet , hat eine solche ältere nationale Marke insoweit mittelbar eine über den jeweiligen Mitgliedstaat, für den sie eingetragen ist, hinausragende Bedeutung: Auch in anderen Mitgliedstaaten kann unter Berufung auf diese ältere nationale Marke, die in diesem anderen Mitgliedstaat gar keine unmittelbare Wirkung entfaltet, die Nichtigkeit einer Gemeinschaftsmarke eingewendet werden.

Die Gemeinschaftsmarke könnte aufgrund der älteren deutschen Marke dann für Österreich zwar in eine nationale Marke umgewandelt werden (Art 112 Abs 1 GMV), allerdings entstünde dieses nationale Markenrecht dann nicht rückwirkend zum Zeitpunkt der Eintragung der für nichtig erklärten Gemeinschaftsmarke, sondern erst mit ihrer Eintragung (§ 2 Abs 1 Markenschutzgesetz).

Für die behauptete Verletzungshandlung der Beklagten fehlt es daher an einer Grundlage. Die Gemeinschaftsmarke könnte aufgrund der älteren deutschen Marke für nichtig erklärt werden, im Falle einer Umwandlung in eine österreichische Marke entstünde diese erst durch die Eintragung dieser Marke ins österreichische Markenregister.

 

Würdigung und Ergebnis

Die Begründung des OGH ist zutreffend. Die Einheitlichkeit der Gemeinschaftsmarke verbietet es, als Gemeinschaftsmarkengericht Einwände zu ignorieren, wonach die Gemeinschaftsmarke möglicherweise nichtig ist. Der große Vorteil der Gemeinschaftsmarke für den Markeninhaber ist ihre unmittelbare einheitliche Geltung in allen Mitgliedstaaten. Konsequenterweise kann diese einheitliche Geltung nun aber nur Bestand haben, wenn auch in keinem Mitgliedstaat bessere Rechte bestehen. In letzter Konsequenz muss daher ein österreichisches Gemeinschaftsmarkengericht auf sämtliche Einwände besserer Rechte aus einem anderen Mitgliedstaat Rücksicht nehmen.

 

Besseres Urheberrecht von der Klägerin nicht vorgebracht

Interessant ist, dass das Rekursgericht die Erlassung der einstweiligen Verfügung u.a. auch damit begründet hat, dass ungeachtet der älteren deutschen Marke der Beklagten die Klägerin jedenfalls über ältere (Urheber-)Rechte verfüge, schließlich sei die Anlehnung an ihre fiktive Biermarke offensichtlich und seien „Die Simpsons“ bereits 1994, also fünf Jahre vor der Markenanmeldung durch die Beklagte, im deutschsprachigen Raum ausgestrahlt worden.

Der OGH hat diesen Rückgriff auf ein mögliches „noch“ besseres Recht der Klägerin verworfen, weil sich die Klägerin auf prioritätsältere Kennzeichen- oder Urheberrechte im erstinstanzlichen Verfahren nicht berufen hatte. Sollte dies stimmen, ist die Außerachtlassung dieses Vorbringens insofern verwunderlich, also es wohl ganz offensichtlich kein Zufall sein konnte, dass die Beklagte im Jahr 1999 die Marke „Duff“ registrieren ließ. Dabei hatte sie wohl jedenfalls „Die Simpsons“ im Sinne. Möglicherweise war man sich hier zu sicher, bereits mit der Gemeinschaftsmarke durchzudringen.

Dieses Versäumnis im erstinstanzlichen Provisiorialverfahren bedeutet aber auch, dass die Klägerin im Hauptverfahren – verfahrensgegenständlich war bislang ja nur das Provisorialverfahren – womöglich ein im Vergleich zur deutschen Marke der Beklagten „noch besseres“ Recht ins Treffen führen könnte. Vielleicht ist für die Produzentin der „Simpsons“ daher noch nicht aller Tage Abend.

 

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